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"Tell the chef, the beer is on me."
Seit Dienstag ist mit „Biologie 1, Klasse 7/8 Berlin“ erstmals ein komplettes, Rahmenplan-gerechtes Schulbuch als freies Werk kostenlos verfügbar. Finanziell unterstützt wurde es via Crowdfunding, entstanden ist es in einem Wiki. Durch die Integration von zwar freiem, aber nicht für kommerzielle Verwendung freigegebenem Content gilt es jedoch als nicht ganz OER-konform.
Etwa eine Woche nach Beginn des Berliner Schuljahres 2013/14 liegt die Version 1.0 eines in vieler Hinsicht neuartigen Schulbuches vor. „Biologie 1, Klasse 7/8“, so der Titel, ist das erste freie Schulbuch Deutschlands. Es ist kostenlos und nur digital verfügbar, kann frei genutzt und weitgehend frei verwendet werden – als E-Book oder in der PDF-Version, online oder selbst ausgedruckt, digital wie analog.
Das Buch orientiert sich am geltenden Rahmenplan für Berliner Schulen. „Wir haben den Lehrplan punktgenau abgearbeitet und die Inhalte unseres Schulbuchs bieten hundertprozentige Deckung“, sagt Hans Hellfried Wedenig von der „Initiative Schulbuch-o-mat“, einer der Initiatoren und Herausgeber.
Hinter der Initiative Schulbuch-o-mat stehen der Medienproduzent Hans Hellfried Wedenig und der Biologie- und Sport-Lehrer Heiko Przyhodnik. Für Przyhodnik war die Trägheit schulischer Bildungsmaterialien ausschlaggebender Impuls.
Ein freies Werk, das permanent erweitert und aktualisiert werden kann, sollte Schülern, Eltern und Lehrern einen aktuellen, individuellen und kostenlosen Zugang zu Lehrmaterialien bieten: „Dies schafft eine bisher nicht da gewesene Transparenz des Lerngegenstandes”, ist Przyhodnik überzeugt.
Für die Realisierung richteten beide im Oktober 2012 eine Crowdfunding-Kampagne auf startnext ein und überschritten Mitte Januar diesen Jahres die Zielmarke von 10.000 Euro, die von insgesamt 236 Unterstützern kamen.
Bei der konkreten Umsetzung diente ihnen das Autorensystem LOOP, eine Entwicklung der Fachhochschule Lüneburg. LOOP ist eine Anpassung der Open-Source-Software Mediawiki, auf der auch die Online-Enzyklopädie Wikipedia basiert. „Für einen Großteil der von uns angesprochenen und an der Mitwirkung interessierten Lehrer und Fachleute war die Arbeit in einem solchen Wiki jedoch abschreckend und zu komplex. Viele scheuten sich, in bestehende Artikel einzugreifen oder eigene, neue zu schreiben“, erzählt Hans Wedenig.
Die Schulbuch-o-mat-Initiatoren Hans Hellfried Wedenig, Medienproduzent und Berater, und Heiko Przyhodnik, Biologie- und Sport-Lehrer
Diese Erfahrung hat sie überrascht – und warf ein ernstes Problem auf: Die versprochene Zielvorgabe zum Schulstart nach den Sommerferien 2013 das fertige Buch vorzulegen, wäre mit so wenig Leuten nicht zu erfüllen gewesen. Im Verlauf des Projekts einigten sie sich mit der US-amerikanischen Foundation CK-12, von ihr spezifische Text-Inhalte zu übernehmen, erklären sie in einem Abschluß-Blogeintrag bei Startnext.
CK-12 ist Anbieter freier, speziell für die Zielgruppe der 12- bis 16-Jährigen und für das Medium E-Book konzipierter Biologie-Schulbücher. So floss ein Teil der Crowdfunding-Gelder in die Übersetzung des US-Content, der nun einen gewichtigen Teil des Schulbuches ausmacht. Ob dieser Import eine gute Lösung war, muss sich wohl erst noch beweisen.
Zudem sind die Texte des US-Anbieters zwar prinzipiell frei, dürfen aber nicht für kommerzielle Zwecke verwendet werden. Daher stehen die Biologie 1-Texte unter der Creative-Commons-Lizenz „CC BY-NC-SA“, können also zumindest kopiert, ausgetauscht, verändert, ergänzt werden (alle Abbildungen stehen unter der Lizenz „CC BY-SA”). Die „NC“-Kennzeichnung der Texte war nicht geplant, räumen Wedenig und Przyhodnik ein. Sie weisen darauf hin, dass die Lizenzen kapitel- oder abschnittsweise definiert seien, so dass einzelne Teile in Zukunft ersetzt und unter eine freiere Lizenz gestellt werden können.
Gleichwohl erregt dieser Kompromiss momentan Unmut in der OER-Community (OER steht für „Open Educational Resources“). Sie setzt sich für komplett freie Bildungsmedien ein und sieht in der NC-Lizenz einen Fallstrick. Die Option, frei verfügbare Inhalte auch in kommerzielle Produkte überführen zu können, ebnet Refinanzierungswege für die oft ehrenamtlich und auf Vorleistungen beruhenden OER-Projekte. Solange die NC-Lizenz steht, sei der Schulbuch-o-mat-Titel kein sortenreines OER-Projekt. Und auch die bis dato vorgesehene Vorstellung des „Biologie 1“-Projekts bei der von Wikimedia veranstalteten OER-Konferenz in Berlin* wäre damit gefährdet, heisst es innerhalb der OER-Community.
Die Schulbuch-o-mat-Macher müssen also auf die nächsten Wochen und Monate und ein Engagement der Lehrer und interessierten Bildungsmedien-Fachleute hoffen: „Wir möchten den NC-Zusatz für Texte Schritt für Schritt entfernen. Bereits für die Version 1.1 ist vorgesehen, ein komplettes Kapitel so auszubauen, dass es ohne NC auskommt.“ Doch ohne neue Mitschreiber wird das nicht gelingen – allerdings fiel es bislang schon schwer, sie davon zu überzeugen, aktiv mitzumachen
Für’s nächste setzen beide nicht nur auf die Lehrer, die für Stoffvermittlung und Themenaufbereitung aus ihrer täglichen Arbeit schöpfen könnten. Vielmehr veranstalten sie im Herbst in Berlin mehrere Schulbuch-Hacking-Days (gefördert von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, mabb). In eintägigen Workshops wollen sie hier zu einzelnen Buch-Abschnitten mit den Schülern neue Inhalte entwickeln, etwa Videos, in denen Schüler sich gegenseitig bestimmte Themen erklären, die sie sich zuvor erarbeitet haben. Zudem sollen die neuen Inhalte innerhalb der Workshops direkt in das aktuelle Werk hinein veröffentlicht werden. Auch das wäre für Schulbücher etwas ganz Neues.
*Hinweis: An der OER-Konferenz Mitte September in Berlin wirken auch Vertreter von iRights.Law als Referenten mit, mehr dazu im Programm
Der seit langem verstorbene deutsche Verleger und Buchhändler Johan Heinrich Zedler hätte zumindest wohlwollend genickt, wenn nicht sogar laut applaudiert, als heute in Berlin die nach ihm benannten „Zedler-Preise“ für freies Wissen vergeben wurden. Von der Wikimedia Deutschland gestiftet und von der Jury ausgewählt, wurden folgende herausragende Beiträge prämiert:
In der Kategorie I: Wikipedia-Artikel des Jahres gewann der Artikel “Nuklearkatastrophe von Fukushima“. Er fasst die Ereignisse um die Unfallserie im japanischen Atomkraftwerk zusammen.
In der Kategorie II: Community-Projekt des Jahres erhielt das Wikipedia-Portal österreichischer Denkmallisten den Zedler-Preis. In Zusammenarbeit mit österreichischen Behörden konnte eine umfassende Liste der Denkmäler des Landes für Wikipedia und das freie Medienarchiv Wikimedia Commons dokumentiert werden.
In der Kategorie III: Externes Wissensprojekt des Jahres wählte die Jury: VroniPlag Wiki – kollaborative Plagiatsdokumentation
Es wurden ebenfalls zwei Sonderpreise durch die Jury vergeben. Ausgezeichnet wurden der Wikipedia-Artikel Pizzakarton sowie die Aktion Blume der Woche, ein “virtueller Dankesgruß eines Wikipedia-Autoren für die Leistungen anderer freiwilliger Helfer der freien Enzyklopädie”.
Bilder zur Preisverleihung finden sich hier.
Eine junge ambitionierte schwedische Popband sang einst: “The judges will decide / the likes of me abide / spectators of the show / always staying low / the game is on again / a lover or a friend / a big thing or a small / the winner takes it all”. Dies war keine Eintagsfliege, schon wieder ist es geschehen: vorbildliche und sehr spannende Projekte rund um freies Wissen und den Zugang zu Wissensressourcen erhalten den WissensWert-Preis 2011. Die Entscheidung der Jury ist nun öffentlich. Folgende Projekte dürfen nun den Schampus aufmachen:
Open-Access-Medienimporter für Wikimedia Commons
Zeitreise in OpenStreetMap – oder: OSM in der 4. Dimension
CC PLAY – Spiel die Commons
Open (Citizen) Science durch mehr öffentlich verfügbare Genotypisierungen
Barrierefreie YouTube OER-Videos
Letzgenanntes Projekt hat zudem eine kreischende und Feuerzeug schwenkende Community hinterlassen und zusätzlich den mit 2.000 Euro dotierten Publikumspreis abgeräumt. Die einzelnen Würdigungen finden sich im Wikimedia-Blog. Als Mitglied der Jury wünsche ich nun allen Gewinnern ein glückliches Händchen bei der Durchführung der Projekte.
In diesem Wettbewerb stellt Wikimedia Deutschland ausgewählten
Initiativen, die Freies Wissen fördern, erneut bis zu 5.000 Euro zur
Verfügung. Einzelpersonen oder Gruppen können noch bis zum 17. November 2011 spannende Projektideen einreichen, für deren Umsetzung ihnen bisher die finanziellen Mittel fehlten.
Mitmachen können ausdrücklich nicht nur die Mitgliederinnen und Mitglieder der Wikipedia- und Wikimedia-Community, sondern auch Vertreter der Free-Culture-Bewegung, Bastler und Creative-Commons-Fans, Freundinnen vom offenen Web, Open Data, Freier Software und Freien Netzen sind ebenso aufgerufen, ihre Ideen einzureichen.
In Kürze:
* Einreichungsphase: Noch bis zum 17. November 2011
* Fördersumme: Zwischen 500 und 5.000 Euro pro Projekt
* Zielgruppe: Alle, die ein spannendes Projekt rund um freies Wissen planen
Der Autor ist Mitglied der Jury die über die Preisträger entscheidet.
"Tell the chef, the beer is on me."
"Basically the price of a night on the town!"
"I'd love to help kickstart continued development! And 0 EUR/month really does make fiscal sense too... maybe I'll even get a shirt?" (there will be limited edition shirts for two and other goodies for each supporter as soon as we sold the 200)